Leistungserbringer Organisation kantonale Zulassung

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Zulassung von Organisationen und Einrichtungen: Wie müssen sich Leistungserbringer organisieren?

Seit dem 1. Januar 2022 ist eine kantonale Zulassung erforderlich, um ambulant zulasten der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) tätig zu sein. Das Zulassungserfordernis gilt für alle ambulant tätigen Leistungserbringer, einschliesslich Medizinal- und Gesundheitsfachpersonen, ambulante medizinische Einrichtungen, Spitex Organisationen, Laboratorien sowie Abgabestellen von Medizinprodukten (MiGeL). Ob die Medizinal- und Gesundheitsfachpersonen selbständig oder im Anstellungsverhältnis für eine Organisation oder Einrichtung tätig sind, ist unerheblich. Sofern die im KVG und den gestützt darauf erlassenen Ausführungsverordnungen genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht Anspruch auf Zulassung - vorbehältlich abweichender Bestimmungen für Ärztinnen und Ärzte.

10.05.2022 Matthias Stauffacher  •   Dr. Christoph Willi, LL.M.

Eigene Rechtspersönlichkeit

Das Zulassungserfordernis dient der Bestimmung der Person, welche für die Leistung verantwortlich ist und damit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) in Rechnung stellen darf. Leistungserbringer müssen deshalb über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen.

Dieses Erfordernis ist ohne weiteres erfüllt, soweit die Leistungserbringer selbständig und direkt zulasten der OKP tätig sind. Als natürliche Person verfügen Leistungserbringer über eine eigene Rechtspersönlichkeit, weshalb sie für die von ihnen erbrachten Leistungen abrechnungsberechtigt sind.

Anders ist die Situation bei Einrichtungen und Organisationen wie beispielsweise ambulanten ärztlichen Einrichtungen (KVV 39) oder Spitex Organisationen (KVV 51, Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause). Um als Leistungserbringer anerkannt zu werden, muss die Trägerschaft dieser Einrichtung oder Organisation eine juristische Person sein und beispielsweise als Aktiengesellschaft (Art. 620 ff. OR), Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Art. 772 ff. OR) oder Genossenschaft (Art. 828 ff. OR) organisiert sein. Auch ein Verein (Art. 60 ff. ZGB) oder eine Stiftung (Art. 80 ff. ZGB) qualifiziert als juristische Person.

Keine eigene Rechtspersönlichkeit haben demgegenüber Organisationen, deren Trägerschaft als Einzelfirma, einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR), Kollektivgesellschaft (Art. 552 ff. OR) oder als Kommanditgesellschaft (Art. 594 ff. OR) organisiert sind.

Die Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse an der juristischen Person sind irrelevant. Auch eine Einpersonen-AG ist zulassungsfähig.

Der im Handelsregister formulierte Zweck der juristischen Person muss der Tätigkeit als Leistungserbringer entsprechen. Beispielsweise muss der Zweck einer Spitex Organisation die Durchführung pflegerischer Tätigkeiten bzw. das Führen einer Spitex Organisation umfassen. Nicht als Leistungserbringer zugelassen werden können Holding Gesellschaften, deren Zweck das Verwalten anderer Gesellschaften oder das Halten von Beteiligungen ist.

Arten von Organisationen und Einrichtungen

Das KVG und die gestützt darauf erlassene KVV regelt die zulassungsfähigen Leistungserbringer abschliessend. Die Kantone dürfen keine im Gesetz nicht aufgeführte Leistungserbringer zur Tätigkeit zulasten der OKP zulassen.

Organisationen von Zahnärzten oder Apotheker werden in der Krankenversicherungsverordnung (KVV) nicht als Leistungserbringer gesondert aufgeführt. Entsprechend dürfen die Kantone keine Zulassung an eine juristische Person erteilen, welche die Leistungen eines Zahnarztes oder eines Apothekers erbringt. Derartige Organisationen kann zwar eine Betriebsbewilligung erteilt werden, die Abrechnung zulasten der OKP muss aber im Namen der dort angestellten Zahnärzte oder Apotheker erfolgen, auch wenn sie unselbständig tätig sind.

Zulassungspflicht am Ort der Tätigkeit

Ein als juristische Person organisierter Leistungserbringer muss seinen Sitz nicht im Kanton haben, in dem er seine Leistung erbringt. Er kann auch in einem oder mehreren anderen Kantonen tätig sein. Um Leistungen zulasten der OKP abzurechnen, ist aber eine Zulassung in jedem Kanton einzuholen, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt werden soll. Dabei ist zu unterscheiden:

Bei Laboratorien, Apotheken oder Abgabestellen für Mittel und Gegenstände wird die Tätigkeit am Betriebsstandort ausgeübt – selbst wenn die Leistungen an Patienten erbracht werden, die ihren Wohnsitz in einem anderen Kanton haben. In diesem Fall ist eine Betriebsbewilligung und Zulassung am Betriebsstandort erforderlich, aber auch ausreichend: Weitere kantonale Bewilligungen oder Zulassungen sind nicht erforderlich, selbst wenn die Leistungen an Patientinnen und Patienten aus der ganzen Schweiz erbracht werden.

Anders für Personen und Organisationen, welche ihre Leistungen vor Ort an Patientinnen und Patienten erbringen, beispielsweise eine Spitex Organisation. Werden die Leistungen vor Ort erbracht, ist in jedem Kanton eine Zulassung einzuholen, auf dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird. Damit müssen auch die Zulassungsvoraussetzungen in jedem Kanton erfüllt sein, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Beispielsweise muss die Spitex Organisation über entsprechend qualifiziertes Personal in jedem Kanton verfügen, in dem sie ihre Tätigkeit ausübt.  

Verhältnis zu den angestellten Leistungserbringern

Die bei einer juristischen Person angestellten Personen qualifizieren nicht als Leistungserbringer. Aufgrund ihres Anstellungsverhältnisses können sie zwar vom KVG zu vergütende Leistungen erbringen, der verantwortliche und abrechnungsberechtigte Leistungserbringer ist aber immer die juristische Person, nie die bei ihr angestellten Personen.

Um eine Ungleichbehandlung mit den selbständig tätigen Leistungserbringern zu vermeiden, müssen die für Einrichtungen oder Organisationen tätigen Leistungserbringer die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie die selbständig tätigen Leistungserbringer. So müssen die für eine ambulante ärztliche Einrichtung tätigen Ärztinnen und Ärzte dieselben Anforderungen erfüllen, wie die selbständig tätigen Ärztinnen und Ärzte. Beispielsweise müssen die bei einer ambulanten ärztlichen Einrichtung tätigen Ärztinnen und Ärzte dieselben sprachlichen Anforderungen erfüllen und bei einer zertifizierten Gemeinschaft oder Stammgemeinschaft für das elektronische Patientendossier angeschlossen sein. Entsprechend gelten auch die kantonalen Höchstzahlen für die bei einer ambulanten ärztlichen Einrichtung tätigen Ärztinnen und Ärzte.

Die Leitung einer Einrichtung oder Organisation muss durch eine Person ausgeübt werden, die über eine Bewilligung zur fachlich eigenverantwortlichen Tätigkeit verfügt (Berufsausübungsbewilligung). Beispielsweise muss eine Spitex-Organisation von einer diplomierten Pflegefachperson geleitet werden. Bei ambulanten ärztlichen Einrichtungen wird zwischen gesamtverantwortlicher und ärztlicher Leitung unterschieden. Beide Funktionen können aber in Personalunion von ein und derselben Person wahrgenommen werden.

Dienstleistungsgesellschaften, welche für Leistungserbringer tätig sind

Reine Infrastrukturgesellschaften oder Dienstleistungsgesellschaften bedürfen keiner Zulassung, sind aber auch nicht berechtigt, Leistungen zulasten der OKP in eigenem Namen abzurechnen. Eine solche Dienstleistungsgesellschaft erbringt nur unterstützende Dienstleistungen für einen Leistungserbringer, die als solches von untergeordneter Bedeutung sind, beispielsweise die Vermietung von Räumlichkeiten ohne Bereitstellung und Wartung oder Unterhalt von medizinisch-technischer Infrastruktur, Backoffice wie Sekretariatsaufgaben, Empfang oder Inkasso, Verleih von administrativem Personal.

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