Rechtsanwalt Manuel Bader mit Assistentin

Versicherungsrecht

Hinterlassenenleistungen aus der Pensionskasse für getrennt wohnende Lebenspartner

«Die reglementarische Voraussetzung eines gemeinsamen Haushalts gilt auch dann als erfüllt, wenn die Lebenspartner nur während den Wochenenden und Ferien als ungeteilte Wohngemeinschaft im gleichen Haushalt leben, sofern – wie vorliegend der Fall – das Getrenntleben während der Arbeitstage beruflichen und nicht bloss praktischen Gründen geschuldet ist.» Dies entschied das Bundesgerichtsentscheid im Entscheid vom 21. Februar 2022 (9C_485/2021).

11.07.2024 Manuel Bader

Nach Art. 20a Abs. 1 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in ihrem Reglement neben den Anspruchsberechtigten nach den Art. 19 (überlebender Ehegatte), 19a (überlebende eingetragene Partnerin oder überlebender eingetragener Partner) und 20 (Waisen) folgende begünstigte Personen für die Hinterlassenenleistungen vorsehen: 

  • natürliche Personen, die vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind, oder die Person, die mit diesem in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat oder die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss; 
  • beim Fehlen von begünstigten Personen nach Buchstabe a: die Kinder des Verstorbenen, welche die Voraussetzungen nach Art. 20 nicht erfüllen, die Eltern oder die Geschwister; 
  • beim Fehlen von begünstigten Personen nach den Buchstaben a und b: die übrigen gesetzlichen Erben, unter Ausschluss des Gemeinwesens. 

Welche Personen muss die Pensionskasse begünstigen?

Eine Vorsorgeeinrichtung muss nicht alle der in Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG aufgezählten Personen begünstigen und kann den Kreis der Anspruchsberechtigten enger fassen als im Gesetz umschrieben. Insbesondere ist sie befugt, von einem restriktiveren Begriff der Lebensgemeinschaft auszugehen. Denn die Begünstigung der in Art. 20a Abs. 1 BVG genannten Personen gehört zur weitergehenden bzw. überobligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG und Art. 89a Abs. 6 Ziff. 3 ZGB).

Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit frei zu bestimmen, ob sie überhaupt und für welche dieser Personen sie Hinterlassenenleistungen vorsehen wollen. Zwingend zu beachten sind lediglich die in lit. a-c von Art. 20a Abs. 1 BVG aufgeführten Personenkategorien und die Kaskadenfolge. Umso mehr ist es den Vorsorgeeinrichtungen grundsätzlich erlaubt, etwa aus Gründen der Rechtssicherheit (Beweis anspruchsbegründender Umstände) oder auch im Hinblick auf die Finanzierbarkeit der Leistungen, den Kreis der zu begünstigenden Personen enger zu fassen als im Gesetz umschrieben (BGE 144 V 327 E. 1.1; 142 V 233 E. 1.1; 137 V 383 E. 3.2; 136 V 49 E. 3.2; je mit Hinweisen). Es muss folglich das jeweilige Reglement genauer geprüft werden.

Besteht ein Anspruch auf Leistungen aus der Pensionskasse bei Lebensgemeinschaft?

In der Regel werden Lebenspartner gemäss Reglement begünstigt, wenn eine Lebensgemeinschaft geführt wurde. Dies bedingt üblicherweise, dass die Partner in den letzten 5 Jahren vor dem Tod einen gemeinsamen Haushalt geführt haben oder der hinterbliebene Lebenspartner von der versicherten Person in erheblichem Masse unterstützt worden ist oder der hinterbliebene Lebenspartner für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss.

Was gilt in der beruflichen Vorsorge als «gemeinsamer Haushalt»?

Unter dem Titel des gemeinsamen Haushalts kann gemäss Bundesgericht nicht ohne weiteres eine ständige ungeteilte Wohngemeinschaft an einem festen Wohnort erwartet werden. Ein solches Verständnis trägt den gewandelten gesellschaftlichen Verhältnissen und wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht Rechnung. Lebenspartner könnten aus beruflichen, gesundheitlichen oder anderen schützenswerten Gründen häufig nicht ununterbrochen zusammenwohnen, sondern oft eben beispielsweise nur während eines Teils der Woche. Der Begriff des gemeinsamen Haushalts ist zeitgemäss weit zu verstehen. Massgebend ist gemäss Bundesgericht, dass die Lebenspartner den manifesten Willen hätten, ihre Lebensgemeinschaft soweit möglich als ungeteilte Wohngemeinschaft im selben Haushalt zu leben (vgl. BGE 137 V 383 E. 3.3).

Lohnt sich der Beizug eines Anwalts zur Prüfung der Leistungen der Pensionskasse?

Es lohnt sich genau zu prüfen, ob bei einem Todesfall Ansprüche aus der Pensionskasse des Lebenspartners entstehen. Oft geht es um höhere Beträge, weshalb sich die Anwaltskosten schnell lohnen können. Die Hinterlassenenleistungen können übrigens auch geltend gemacht werden, wenn das Erbe ausgeschlagen wird.

 

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